O. Villarroel González: El rey y el papa (Kastilien im 15. Jahrhundert)

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Titel
El rey y el papa. Política y diplomacia en los albores del Renacimiento (Castilla en el siglo xv)


Autor(en)
Villarroel González, Óscar
Erschienen
Madrid 2010: Silex Ediciones
Anzahl Seiten
370 S.
Preis
24,00 €,
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Ansgar Frenken, Ulm

Sieht man von den bis heute wichtigen Arbeiten des Madrider Gelehrten Luis Suárez Fernández aus den 1950er-Jahren einmal ab1, so blieb die Geschichte Kastiliens in der Trastámara-Zeit, also vom ausgehenden 14. Jahrhundert bis weit in die Mitte des 15. Jahrhunderts hinein, für lange Zeit im Schatten anderer Themen wie etwa der eingehenden Beschäftigung mit den Reyes católicos liegen. Erst seit den 1980er-/1990er-Jahren begann sich daran langsam etwas zu ändern. Eine nachwachsende Generation jüngerer Historiker, für die stellvertretend der an der Complutense lehrende José Manuel Nieto Soria genannt werden soll2, begann sich nun intensiver für diese Epoche zu interessieren und mit unterschiedlicher Akzentsetzung mit ihr auseinanderzusetzen. Nach einer Reihe von einschlägigen Vorarbeiten3 legte jetzt ein Schüler Nieto Sorias, Óscar Villarroel González, eine umfangreiche Studie vor, die einen zentralen Aspekt der Außenpolitik der Trastámara-Zeit in den Fokus nimmt: das Verhältnis zwischen dem Königreich Kastilien und dem Papsttum. Um seine Autorität über die kastilische Kirche zu behaupten bzw. zurückzugewinnen, war das Papsttum – gebeutelt durch die Krise des Großen abendländischen Schismas und die Unsicherheit in der nachfolgenden konziliaren Epoche – entscheidend auf eine enge Kooperation mit der weltlichen Macht und auf deren Unterstützung, im vorliegenden Fall des kastilischen Königtums, angewiesen. Im Gegenzug für diese keineswegs uneigennützig gegebene Hilfe zeigten sich umgekehrt die Päpste durchaus bereit, Konzessionen an die jeweiligen Herrscher zu machen. Damit sollte sich aber, wie Villarroel González überzeugend herausarbeiten kann, längerfristig die Machtbalance zugunsten des weltlichen Staates verschieben.

Wie der Untertitel der Studie deutlich macht, geht es in ihr um eine detaillierte Analyse der politischen Beziehungen sowie des diplomatischen Austauschs zwischen den beiden genannten Mächten. Dabei gelingt es Villarroel González – trotz der bestehenden Quellenlücken – einen Transformationsprozess nachzuzeichnen, der sich ähnlich, wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung, auch in anderen europäischen Reichen der damaligen Zeit beobachten lässt. Nicht zuletzt in der sich nun eröffnenden Möglichkeit eines europäischen Vergleichs liegt daher der besondere Reiz dieser Arbeit, die es wert ist, auch in der deutschen Geschichtswissenschaft wahrgenommen zu werden.

Unterteilt ist die Studie in drei große Abschnitte: Der erste zeichnet in knappen Zügen die Regierungszeit Enrique/Heinrichs III. (1393–1406) und die nachfolgende Minderjährigkeit seines Sohnes Juan/Johann II. (1406–1419) nach. Im zweiten Teil analysiert Villarroel González in vier Teilkapiteln dessen eigentliche Regierungszeit (1419–1454). Diesem folgt ein mit einem Ausblick versehener resümierender Schlussabschnitt, der auch einen Blick auf die Regierungszeit von Juans Nachfolger Enrique/Heinrich IV. (1454-74) wirft. Gleichzeitig fasst dieser Abschnitt die wesentlichen Erkenntnisse der vorliegenden Studie zusammen.

Mit Interesse verfolgt der Leser den Übergang Kastiliens aus der Obödienz Benedikts XIII. zu Martin V., der sich erst in dem zentralspanischen Königreich durchsetzen konnte, nachdem auch die Krone den auf dem Konstanzer Konzil gewählten Papst zunehmend gegen den zähen Widerstand der benedictas im Klerus stützte. Gezielte Verleihungen von Ämtern und Pfründen an die der Krone nahestehenden Kleriker ebneten Martin V. den Weg, ebenso allerdings die konsequente Bekämpfung der noch verbliebenen Anhänger Benedikts, was ohne die Hilfe der Krone kaum möglich gewesen wäre. Der Tod der Königinmutter Catalina (gestorben 1419) war zweifellos ein wichtiger Wendepunkt, da der junge König – unterstützt von dem mächtigen Toledaner Erzbischof Sancho de Rojas4 – sein Land vor einer drohenden außenpolitischen Isolation schützen wollte und wohl auch innerlich dem Konstanzer Papst stärker zuneigte, als dies für seine Mutter gegolten hatte. Nach der Festigung der Beziehungen zwischen dem zentralspanischen Königreich und dem Papsttum unter Martin V. stützten sich beide Seiten auch weiterhin, insbesondere in Perioden der Schwäche: Kastilien – indirekt – den Papst gegen den Aragoneser König Alfons V. und dessen Italienpolitik, später Eugen IV. gegenüber dem Basiliense; umgekehrt stützten die Päpste die Legitimität der kastilischen Herrscher, vor allem gegen die Machtansprüche der Infantes de Aragón.

Sichtbar wird diese enge Zusammenarbeit auch darin, dass die Kontakte zwischen dem Königreich Kastilien und dem Papsttum sich in der Regierungszeit Juans II. zunehmend enger gestalteten; die Kommunikation wurde intensiviert, was sich nicht zuletzt in der nahezu ständigen Präsenz königlicher Gesandter an der Kurie widerspiegelte. Neben den mit konkreten Einzelaufträgen nach Rom geschickten Delegationen befanden sich nun auch Gesandte über längere Zeiträume beim Papst, so dass man von einer Art ständiger Vertretung sprechen könnte. Parallel kam es zu signifikanten Veränderungen in der Zusammensetzung des diplomatischen Personals. Die Laien wurden unter den kastilischen Gesandten am Heiligen Stuhl zunehmend zurückgedrängt, ebenso fehlten in deren Reihen die politischen Schwergewichte aus der kirchlichen Hierarchie Kastiliens.

Ein weiterer Schwerpunkt der Studie ist die Untersuchung der konkreten Vorteile, die beide Seiten aus der Zusammenarbeit zogen. Villarroel González kann zeigen, dass die von den Päpsten dem Königreich gemachten Konzessionen ihre Anfänge in den Jahren des Schismas hatten, als die Päpste – im Fall Kastiliens Benedikt XIII. – den Herrschern Zugeständnisse für deren Obödienztreue machten. Verstärkt wurde die Bereitschaft zur Konzession nach dem Obödienzwechsel des Königreichs zu Martin V. („autolimitado mucho su poder“, S. 332). Abgesehen von der Ausstattung königlicher Gefolgsleute mit Pfründen und Ämtern erreichte der König faktisch das Nominierungsrecht für die Erzbischöfe sowie die mächtigen Leiter und Prioren der Militärorden, der Ausbau des Patronato Real machte deutliche Fortschritte. Die Gewährung, sprich Erfüllung königlicher Wünsche durch das Papsttum wurde quasi selbstverständlich, eine Usurpation kirchlicher Rechte durch den König, wie dies in früherer Zeit immer wieder geschehen war, nicht mehr nötig. Doch auch für das Papsttum brachte die enge Zusammenarbeit Vorteile: Infolge der Pfründenvergaben an Vertrauensleute des Papstes, die gleichzeitig zum Umfeld des Königs gehörten, wurde der päpstliche Einfluss auf die kastilische Kirche dauerhaft gefestigt. Dies führte überdies zu einer Sicherung der päpstlichen Einkünfte aus Kastilien, was in Zeiten schwieriger finanzieller Verhältnisse des Papsttums größere Sicherheit gab. Die zahlreich ernannten Kollektoren und deren erfolgreiche Tätigkeit sind ein Hinweis für das Funktionieren der engen Zusammenarbeit.

Villarroel González hat mit seiner Studie neues Terrain betreten. Über die beschriebene Entwicklung in Kastilien hinausreichend lässt diese deutliche Parallelen, aber auch Unterschiede zu den europäischen Königreichen (beispielsweise in Frankreich, England, Ungarn) erkennen. Im Unterschied etwa zu Frankreich oder England konnte Kastilien seine Macht über die Kirche des Landes in enger Kooperation mit dem Papsttum und, wenn man so will, auf dessen Kosten ausbauen. Alles in allem kann man die von Villarroel González aufgezeigte Entwicklung jedenfalls als einen Beleg dafür nehmen, dass Spanien im 15. Jahrhundert wohl kaum der Peripherie zuzurechnen ist, wie dies – wohl aus mangelnder Kenntnis der Geschichte dieses Landes – immer noch geschieht.

Villarroel González zeigt sich in der Sache kompetent, seine Arbeit überzeugt sowohl von ihrer Argumentation wie von ihrer Ausführung. Konsequent hat er seine Aussagen auf Quellenmaterial gestützt, das er in zahlreichen spanischen Archiven sowie in Rom gesichtet hat. Daneben wertete er auch die zeitgenössischen Chroniken aus und zog die einschlägige Literatur heran. Bei der Qualität dieser Studie sei dem Rezensenten zum Schluss doch noch eine kritische Randbemerkung erlaubt: Die Suche nach den vollständigen Titeln der in den Fußnoten genannten Literatur gestaltet sich mitunter recht mühsam, da man gezwungen ist, die Bibliographie Kapitel für Kapitel zu durchstöbern.

Anmerkungen:
1 Grundlegend: Luis Suárez Fernández, Castilla, el cisma y la crisis conciliar (1378–1440), Madrid 1960.
2 José Manuel Nieto Soria, Iglesia y génesis del Estado Moderno en Castilla (1369–1480), Madrid 1993; ders., El pontificado de Martín V y la ampliación de la soberanía real sobre la Iglesia castellana (1417–1431), in: En la España medieval 17 (1994), S. 113–133; ders., Enrique IV de Castilla y el Pontificado (1454–1474), in: En la España medieval 19 (1996), S. 167–238.
3 Óscar Villarroel González, Las relaciones Monarquía-Iglesia en época de Juan II de Castilla (1406–1454), Madrid 2007 (Dissertation, in elektronischer Form); ders., Castilla y el Concilio de Siena: la embajada regia y su actuación, in: En la España Medieval 30 (2007), S. 131–172.
4 Vgl. Ansgar Frenken, El trabajoso y difícil camino hacia la unión: Sancho Sánchez de Rojas, arzobispo de Toledo, y el papel clave que jugó en la extinción del gran cisma de Occidente en el reino de Castilla, in: En la España medieval 32 (2009), S. 51–83.

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